Nein, ein ganz normaler Marktstand ist das Obst- und Gemüseangebot vom Obsthof Hentzschel wahrlich nicht. Das sieht man auf den ersten Blick: Hier stehen kein moderner Marktwagen, keine Klapptische und auch lieblich-karierte Papierdeckchen sucht man vergeblich. Stattdessen: ein Sonnenschirm, ein weißer Bulli – und ein Sammelsurium an Obstkisten. Die Untersten stützen die darüber, die Obersten präsentieren die Ware. Denn seine Ware braucht nicht erst das rechte Licht, die sieht aus jeder Perspektive zum Anbeißen aus. Rechts frische Eier, die lange Gerade voller Äpfel und Birnen, links knackiges, saisonales Gemüse. Vitamine in jeder Form und Farbe sind das Kerngeschäft des Obstbauern aus Rödinghausen. Sein Stand ist urig, pragmatisch – und unverkennbar Hentzschel.

Klaus Hentzschel ist nämlich auch kein normaler Marktbeschicker. Seit über 60 Jahren fährt er zum Markt, allein nach Melle zweimal die Woche. Fast alle seiner Kundinnen und Kunden kennt er persönlich. Wenn es mal etwas voller wird, dann packen die auch kurzerhand mit an. Man kennt sich in Melle, man hilft sich in Melle. Und Hentzschel ist ja schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Seine Motivation? „Ich liege nicht gern im Liegestuhl“, sagt er und lacht sein typisches, verschmitzt-zurückhaltendes Lachen. „Da packe ich lieber mit an. Unser Hof ist ein Familienbetrieb, nur so funktioniert es.“ „Das ist Idealismus“, ruft eine Kundin über die Obstkorbtheke, Hentzschel stimmt ihr zu. „Heute gibt es so viel Bürokratie, da hat ja keiner mehr Zeit für die eigentliche Arbeit.“ Denn die erledigte man in seiner Generation eben nicht am Computer, sondern an der Ware.